Die Diagnose einer Laktoseintoleranz

Martin Lipsdorf stellt seit 2011 Laktasepräparate von Hand in Leipzig her und teilt seine Erfahrungen auf diesem Blog mit Menschen, die keine Milch vertragen.

Laktoseintoleranz wird typischerweise mit einem Wasserstoff-Atemtest diagnostiziert. Es kann nützlich sein, zunächst daheim ein wenig zu testen, ob Milch eine mögliche Ursache der Beschwerden ist. Der Test beim Arzt wird bei so einem Verdacht dann von der Krankenkasse übernommen.

Selbsttests daheim

Oft reicht es, wenn Sie testweise für ein oder zwei Wochen auf größere Mengen Milch und Milchprodukte verzichten (Elimination). Dazu gehören neben Kuhmilchprodukten auch Schafsmilch oder Ziegenmilch.

Ihre Beschwerden sollten dann sehr spürbar zurückgehen. Bleiben die Beschwerden oder lindern sie sich nur schwach, dann ist ein Gang zum Arzt unvermeidbar. Manche Betroffene beginnen stattdessen mit einer detektivischen Suche nach Spuren von Laktose und entdecken laktosehaltige Lebensmittel überall – in Medikamenten, in Wurst, in Suppen. Die enthaltene Menge ist jedoch klein. Eine Verringerung der Laktosemenge bei großen Mahlzeiten sollte in der allergrößten Mehrzahl der Fälle zu einer sehr deutlichen und schnellen Linderung führen. Hier geht es noch nicht um Perfektion, zunächst nur darum den Verdacht zu erhärten und das zeigt Ihnen eine deutliche Verbesserung an. Kommt diese Besserung nicht zumindest spürbar, suchen Sie Ihren Arzt auf.

Das Gegenteil des Weglassens ist nur auf eigene Gefahr machbar. Ich erwähne es der Vollständigkeit halber für die Mutigen. Hier lassen Sie nicht weg, sondern trinken auf leeren Magen etwa morgens ein größeres Glas Milch. Mindestens 250 ml ( Exposition).

Die Laktosemenge ist niedriger als die, die Sie vom Arzt bei einem Test bekämen. Dennoch müssen Sie sich darauf einstellen, dass Sie schlimme Symptome (wie beim Arzt auch) bekommen könnten. Deshalb sollten Sie sich im Vorfeld in Ihrer Apotheke beispielsweise Dimeticon kaufen, wenn Sie zu Blähungen neigen und den Tag freihalten. Haben Sie noch eine relativ hohe Toleranzgrenze, bleibt Ihre Intoleranz damit eher unentdeckt – doch dann sollte sie im Alltag auch kaum für Beschwerden sorgen.

Prüfen Sie unbedingt eigenverantwortlich für sich, ob Sie sich diesen Weg zutrauen und ob er mit Ihrer physischen Gesundheit und auch Ihrer seelischen Belastbarkeit machbar ist.

Spricht etwas dagegen, etwa höheres Alter, Erkrankungen oder auch seelische Sorgen wie Angststörungen, nehmen Sie sich lieber die Zeit, um auf Milchprodukte etwas zu verzichten oder vereinbaren Sie direkt einen Termin beim Arzt.

Der Königsweg beim Arzt: H2-Atemtest

Atemtest beim H2 Atemtest (Wasserstoff-Atemtest) wird eine Flüssigkeit mit in der Regel 25 Gramm Laktose getrunken und anschließend die Wasserstoffmenge in Ihrem Atem gemessen. Die Gase, die aus dem Milchzucker im Darm entstehen, werden über die Lunge zum Teil ausgeatmet und so messbar. Überschreiten die Gasmengen einen Grenzwert, wird die Diagnose erstellt.

Manche Atemtests klappen jedoch nicht wie gedacht und führen dazu, dass Betroffene sich jahrelang quälen. Bei einem Teil der Betroffenen entsteht im Darm nicht nur das Gas, das die Mehrzahl der Geräte untersucht: Wasserstoff. Pusten Sie dann beim Test in ein Gerät, merkt das Gerät nichts und gibt aus, dass alles in Ordnung ist. Doch in Ihrem Darm ist womöglich das Gas Methan entstanden. Nur wenige Geräte messen dieses Gas. Ihre Laktoseintoleranz bleibt unentdeckt.

Haben Sie deshalb während der Untersuchung Symptome, sollten Sie Ihren Arzt deshalb unbedingt darauf ansprechen, wenn er keine Laktoseintoleranz feststellen kann. Ihr Bauch ist ein gutes Messgerät und Ihr Arzt eher froh über den Hinweis. 

Selten, beim Hausarzt: Der Blutzuckertest

Die wenigsten Hausärzte haben die passende Gerätschaft für einen Atemtest. Oft fehlt es heute auch an der nötigen Zeit und eine Überweisung zum Facharzt wird gegeben. Gerade in eher ländlichen Regionen decken Hausärzte jedoch aus meiner Erfahrung mit Betroffenen mehr ab und bieten manchmal noch den Blutzuckertest an.

Leider kommen Sie auch hier nicht darum herum, eine Laktoselösung zu trinken und die bekannten Symptome zu durchleben. Ihr Arzt misst dabei Ihren Blutzuckerspiegel, der sich bei einer Laktoseintoleranz nicht stark erhöhen sollte.

Das Verfahren wird als weniger akurat beschrieben und wird aus meiner Erfahrung mit Betroffenen selten verwendet. Manchmal wird es mit dem Stuhltest kombiniert, um das Problem auf zwei Wegen anzugehen.

Stuhltest

Hier wird nach der Laktoseeinnahme der Stuhl mit einem ph-Messtreifen getestet und geprüft, ob er säuerlich ist. Dadurch kann unter anderem die Milchsäure (ungefährlich) etwas gemessen werden, die im Dickdarm aus der Laktose entsteht. In den Jahren bei der Laktasekampagne ist mir dieser Test nur selten begegnet. Er hat für die wissenschaftlich verspielten unter uns (wie mich) vielleicht seinen Charme, um es daheim selbst zu probieren, doch ärztlich scheint er keine große Bedeutung zu haben.

Gentest

Sogenannte Gentests versprechen zwar eine leichte Diagnose beim Arzt und auch daheim. Dabei wird durch einen Abstrich oder auch Blutentnahme eine Probe genommen. Aus dieser Probe wird Ihr Erbgut gewonnen und geschaut, ob Sie von den Menschen abstammen, die laktosehaltige Lebensmittel nicht gut verdauen können.

Doch hier ist es wichtig, das Ergebnis richtig zu verstehen. Die Tests untersuchen nur, ob das Erbgut Ihres Körpers zu Laktoseintoleranz neigt – ob Sie also zu denen gehören, die eine Laktoseintoleranz entwickeln könnten.

Ob aber Ihre aktuellen Beschwerden Laktoseintoleranz Symptome sind oder eine andere Ursache haben, messen diese Tests nicht.

Stellen Sie sich vor, Sie haben etwas Schlechtes gegessen und furchtbare Bauchschmerzen. Ihr Arzt macht mit Ihnen (kein Arzt würde das wirklich tun) einen Gentest und der sagt eindeutig, dass Sie „laktoseintolerant sind“. Dabei war die Ursache der akuten Beschwerden doch das schlechte Essen. Nach einigen Tagen mit Tee und Zwieback ist der Spuck wieder vorbei. Der Gentest lag falsch.

Wenn Sie daheim oder in einem anderen Test schon einen sicheren Verdacht haben, kann der Test noch mal erhärtend wirken. Ob er dann wirklich nötig ist, ist aber fraglich – für sich allein ist er wenig aussagekräftig.

Testangebote im Internet

Bei der Laktasekampagne werden wir regelmäßig von Anbietern gefragt, ob wir Ihre Tests gegen gute Münze nicht anbieten wollen. Man verdient gut daran. Das machen wir nicht. Der Grund liegt im geringen Nutzen für Betroffene.

Gentests daheim kranken an denselben Problemen, wie ein Gentest in der Arztpraxis. Sie helfen nicht wirklich, die aktuellen Symptome gut zu identifizieren.

Atemtests daheim mit einem Selbstmachkit haben vielleicht eine Ersatzfunktion, wenn ein Facharzttermin kaum zu haben oder in der Region kein Facharzt erreichbar ist. Hier würden wir aber dann doch eher zu der einfachen und günstigen Formen raten, mit denen Sie durch Weglassen daheim Ihren Verdacht stärken können oder mit Ihrem Hausarzt einen Blutzucker oder auch Stuhltest besprechen.

Tests im Internet auf eigene Faust kosten dagegen leicht an die 100 Euro. Ein großer Teil davon geht an die Website, die Ihnen den Test „als Eigenentwicklung“ verkauft – dabei dürften die meisten dieser Anbieter im Hintergrund mit zwei Laboren zusammen arbeiten. In der Regel liegt dem Ergebnis dann noch ein Hinweis auf die Nahrungsergänzungen vom selben Anbieter bei. Ein klarer Interessenkonflikt. Führen Sie den Test dann auch noch falsch durch, erhalten Sie kein sicheres Ergebnis und zahlen viel Geld für etwas, das die Krankenkasse richtig durchgeführt bei einem Arzt bezahlen wurde.