Wie die Kampagne entstand

von Martin Lipsdorf

Hinter einer Manufaktur, die seit über 10 Jahren nur Laktase in der einen oder anderen Form macht und die es so vermutlich kein zweites Mal gibt, steckt (Sie ahnen es) eine ungewöhnliche Geschichte.

2009 hatte ich nach endlosen Ärztebesuchen – etwas das viele Besteller bis heute durchleben – die Ursache meiner Beschwerden finden können:

Laktoseintoleranz, eine genetisch bedingte Unverdaulichkeit von Milchzucker.

Otto Herz in seinem Seminarraum in Leipzig

In einem Seminar von Otto Herz an der Universität Leipzig, liebevoll von einigen als das „Schlachtross der Reformpädagogik“ bezeichnet, brachte mir Otto ein Jahr später die Teekampagne nahe.

Prof. Günter Faltin hatte seit über 30 Jahren mit der Teekampagne gezeigt, dass Teeliebhaber den seltenen Darjeelingtee direkt von den Teeplantagen bekommen konnten, wenn man es gemeinsam anpackt und klug durchdenkt.

Als Philosophiestudent (Typus introvertiert), brauchte es einen Schubs von Otto Herz um es auch anzupacken: beim nächsten Seminar hatte ich eine kleine Dose mit verdächtigem weißem Pulver. Laktase. Und die Zusage von Bekannten und Freunden, dass sie sich auch verdächtig machen wollten.

So begann ein kleines Projekt, bei dem ich Freunde, Freundesfreunde und mich selbst am Zwischenhandel vorbei mit dem reinen Laktasepulver versorgen konnte, dass es mit kleinen Veränderungen über 10 Jahre gab.

Das war 2010. Die Geburtsstunde der Laktasekampagne.

Die Laktasekampagne ist so seit über 10 Jahren Teil meines, Teil unseres Lebensabenteuers. Wie jedes Abenteuer braucht auch die LK einen Kompass – ein Idee davon: Wie gehen wir mit unseren Bestellern um? Was tun – und viel wichtiger! – was lassen wir selbst dann, wenn es „finanziell“ klug wäre, einfach, weil es nicht zu uns passt?

Also, wohin ist der Kompass gerichtet?

Viele kleine frohe Momente

Die Laktasekampagne ist entstanden, um Menschen mit Laktase zu versorgen, die sie brauchten, um symptomfrei zu essen. Doch hier gibt es zwei Wege.

Schürt man die Sorge vor Laktase, rät zu Verzicht und macht Laktase zur Notwendigkeit bei jeder Spur Milch? Das ist der häufige Weg – gut befahren und ertragreich.

Oder gibt man Rat, ermutigt zum Ausprobieren, zum Naschen und Nachfragen, um, in manchmal kleinen Schritten, immer freier essen zu können? Frei vom Lesen der Inhaltsstoffe, von Ersatzprodukten und frei auch davon Laktase ständig nehmen zu müssen und Angst zu haben, sie zu vergessen. Das ist der zweite Weg, etwas abseits der Warenautobahn. Dafür, wie viele Pfade, mit vielen schönen Momenten links und rechts am Wegesrand.

Für die Laktasekampagne glaube ich daran, dass unsere Aufgabe ist, viele kleine schöne Momente möglich zu machen. Das Leben ist kurz und oft genug reichlich schwer. Unsere Mittel sollen bei Sommertagen mit leckerer Eiscreme helfen, beim Weihnachsschmaus und Urlaubsnaschen. Gerade die Millis, in die viel meiner eigenen Handarbeit geht, sollen die großen Betroffenen und auch die Kleinsten ein Stück vergessen lassen, dass „da irgendetwas mit Milch war“. Wenn auch unsere Päckchen, in die unsere Franzi viel Liebe steckt, eine kleine Freude machen, ist die Kompassnadel vielleicht auf den richtigen Stern ausgerichtet.

„Weiter so!“

Wohin soll die Reise in Zukunft gehen? Die Laktasekampagne ist mit dem Coronajahr 2021 zehn Jahre geworden.

Üblicherweise haben Firmen heute „Visionen“ zu haben, ewig und am besten in steiler Kurve zu wachsen. Irgendwie, offen geschrieben, ist mir das alles nichts. Bin ich als Unternehmer vollkommen ungeeignet? Vielleicht. Wahrscheinlich. Schlechter Einfluss: In seinem Buch „Small is beautiful – Die Rückkehr zum menschlichen Maß“ beschreibt Ernst Schumacher seine „Vision“ vom Unternehmen. Klein, im herzlichen Kontakt mit seinen Mitmenschen, achtsam im Umgang und bemüht eben nicht größer zu werden, sondern ein kleines Lebensabenteuer: Für die, die daran teilhaben, eine Bereicherung im ganz menschlichen Sinn zu sein.

„Luftschloss!“

Vor einigen Jahren fand ein Magazin für Start-ups und Investoren für meine Haltung den Begriff „Luftschloss!“ – der Philosophiestudent Lipsdorf sollte lieber beim Philosophieren bleiben. Wenn es recht damit hatte, dann ist dieses Luftschloss eins, für das ich unseren kleinen Ballon aus Leipzig gerne startklar mache, das Ballontuch nähe und Sandsäcke schleppe bis wir es erreichen können. Wir sind schon weit gekommen.

2021 habe ich dafür wieder die Schulbank gedrückt: Lebensmitteltechnologie in den Abendstunden nach der Kampagne an einer Hochschule, die seit 30 Jahren auch an Laktase forscht. Das Thema der Abschlussarbeit? Sie ahnen es: es beginnt mit L 🙂.