Was sind eigentlich FCC Einheiten?

Martin Lipsdorf stellt seit 2011 Laktasepräparate von Hand in Leipzig her und teilt seine Erfahrungen auf diesem Blog mit Menschen, die keine Milch vertragen.

Zusammengefasst:

Laktoseintoleranz bedeutet, dass der Körper nicht genug Laktase produziert, ein Enzym, das Milchzucker (Laktose) in Glucose und Galactose spaltet. Dies kann zu Blähungen, Durchfall und anderen Verdauungsproblemen führen.

Laktase-Präparate können helfen, diese Symptome zu lindern. Sie enthalten das Enzym Laktase, das die Laktose im Magen spaltet, bevor sie Probleme verursachen kann.

Es gibt verschiedene Arten von Laktase-Präparaten auf dem Markt. Für die FCC Einheiten sollen sie miteinander vergleichbar werden.

FCC-Einheiten:

FCC steht für Food Chemical Codex. Es ist ein amerikanisches Buch, das seit 1966 beschreibt, wie man Lebensmittel untersuchen sollte.

Die FCC-Einheit misst die Aktivität der Laktase, d.h. wie viel Laktose sie pro Minute im Labor spalten kann.

Warum sind FCC-Einheiten wichtig?

FCC-Einheiten ermöglichen es, Laktase-Präparate verschiedener Hersteller zu vergleichen. Damit ein Laktase-Präparat helfen kann, soll es gesetzlich mindestens 4500 FCC pro Einnahme enthalten.

Was verraten FCC-Einheiten nicht?

FCC Einheiten geben an, wie stark die Laktase in einem Mittel ist. Die Laktase muss dazu im Magen aus der Kapsel oder Tablette aber erst freigesetzt werden. Die FCC Einheiten sagen nicht darüber aus, wie schnell die Laktase freigesetzt wird. Ohne diese Angabe sind Laktase-Präparate nicht gut vergleichbar. Eine Tablette, die 4500 FCC enthält und sie nicht schnell freisetzt wirkt schlechter, als eine Tablette, die sie sofort freisetzt.

Wie viele FCC-Einheiten brauche ich?

Die meisten Menschen mit Laktoseintoleranz benötigen etwa 4500 FCC-Einheiten pro Mahlzeit. Studien am Menschen zeigen, dass viel FCC nicht viel hilft. Bei 4500 FCC Einheiten ist die beste Wirkung bei der Mehrzahl der Betroffenen erreicht. Mehr FCC Einheiten helfen danach nicht besser.

Fazit:

FCC-Einheiten sind eine gute Orientierung eines Laktase-Präparats. Achten Sie darauf, ob Angaben für Freisetzung der Laktase gemacht werden.

Tipps:

  • Um die Freisetzung zu beschleunigen, können Sie Tabletten immer kauen.
  • Nehmen Sie die Laktase-Tabletten dann aber mit den ersten Bissen der Mahlzeit ein. Niemals vorher.

Im Detail:

Es waren einmal Betroffene ohne die Laktase FCC, die gern wieder ein Eis essen oder einen Kaffee mit Milch trinken wollten. Die Laktase-Tabletten versprachen ihnen, dass sie diesen Wunsch erfüllen würden, und jede rühmte sich damit, es besser zu können als die andere. Doch die Betroffenen wussten nicht, welche Laktase-Tablette die Richtige für sie sei, und verirrten sich zu den Tabletten mit der größten Menge Laktase. Da lachte der Milchkaffee und es erging ihnen schlecht damit. – Quelle: Grimms Laktosemärchen

Als die ersten Laktasepräparate auf den Markt kamen, war es unfassbar schwer für uns Laktoseintolerante, sie zu vergleichen. Nun, zumindest zwischen den wenigen, die es gab. Bis heute ist in einigen Ländern ein Vergleich fast unmöglich – in Großbritannien zum Beispiel wird weiterhin das Gewicht der Laktase für Laktasepräparate angegeben. Auch in den Vereinigten Staaten finden sich oft Präparate mit ausschließlich qualitativen Angaben wie „ultra-starke Lactase“, „extra starke Lactase“ oder „starke Lactase“ (amüsanter Weise nie „schwach“).

Das ist ein ziemlich großes Problem für uns von Laktoseintoleranz Betroffene, denn die sehr beruhigenden Stärkenangaben helfen uns nicht bei der Dosierung. Es wird versucht, uns Betroffene in einem Zustand der Inkompetenz zu halten, indem der Dosierung blind und meist komplett überdosiert gefolgt werden muss. Das ist gut für Unternehmen, denn wir verbrauchen mehr. Und wer einmal halbwegs beschwerdefrei ist, ist eng an dieses Präparat gebunden, denn er erinnert sich zu gut daran, was es hieß, die Dosierung der Tabletten „Extra-Stark“ herauszufinden – Durchfälle, Bauchschmerzen oder zumindest große Unsicherheit im Umgang mit der eigenen Intoleranz. Das möchte man als Betroffener nur einmal erleben müssen und bleibt bei diesem Präparat – noch besser für das Unternehmen.

Wenn man sich fragt, wie stark ein Enzym ist, gibt man das als „Aktivität“ an.

Man kann es sich vorstellen wie eine Tür, durch die Laktose hindurchgeht, um gespalten am anderen Ende herauszukommen.

Man kann es sich vorstellen wie eine winzig kleine Zaubertür – Laktose geht hindurch und kommt zerteilt als Glucose und Galaktose wieder heraus. Die Aktivität gibt – um im Bild zu bleiben – an, wie oft sich diese Tür in der Minute öffnet oder schließt. Wie oft also Laktose hindurchgehen und von dem Enzym gespalten werden kann. 

Es ist diese Aktivität, die für uns Betroffene wichtig ist, nicht das Gewicht. 

Denn es ist egal, wie schwer oder wie leicht die Tür ist – wichtig ist, wie schnell sie aufgeht und ihre Arbeit macht. Wie oft Laktase also Milchzucker (Laktose) pro Minute spalten kann.

Indem die Firmen nur den Gehalt an Enzym in den Tabletten in Milligramm angeben, nutzen sie wie so oft einen Trick. Je unreiner das verpresste Pulver ist, desto schwerer ist das Präparat. Es sind dann neben Laktase noch andere Eiweiße enthalten. Die schaden nicht, aber sie machen das Pulver eben schwerer. Und es ist sogar preiswerter herzustellen, weil die teure Reinigung der Laktase wegfällt. Das ist für den Unternehmer eine tolle Situation, denn er spart Geld und kann trotzdem auf die Tablette schreiben, dass 500 mg Laktase enthalten sind. In deutschen Präparaten sind oft gerade mal 25–200 mg Laktase als Pulver enthalten.

Die Angabe Laktase FCC erleichtert uns Laktoseintoleranten den Alltag
Sie sollten draufstehen: die Laktase FCC

Was für ein Unterschied! Das verleitet dazu, das Präparat mit mehr Milligramm Laktase zu kaufen. Während in Deutschland 100 mg Laktase meist 60 mg reines Enzym und 40 mg Trockenmittel enthalten (besonders bei einer Tablette im Klickspender), sind in dem schweren Präparat am Ende vielleicht Pulver  mit 30 mg Enzym und 470 mg anderen Eiweißen. Die Präparate (meist Kapseln) enthalten weniger Enzym, sind aber größer und – treibt es die Firma auf die Spitze – teurer.

Auftritt des Helden: FCC

Was zunächst wie ein Sportclub oder eine vertippte Badekultur klingt, ist bei Laktoseintoleranz die zweitschönste Erfindung nach der Laktase selbst. Denn wenn man sich als Betroffener nicht auf vollmundige Adjektive wie „ultra-stark“ oder auf irreführende Gewichtsangaben verlassen kann, um zu wissen, wie viel Laktase sie Präparate enthalten, dann aber auf die FCC.

F.C.C. heißt eigentlich Food Chemical Codex – der Name für ein amerikanisches Buch, in dem seit 1966 Lebensmittelzutaten aufgelistet werden, wie sie in einem Lebensmittel Verwendung dürfen. Der wichtigere Teil des F.C.C. sind aber die festgeschriebenen Tests. Vor dem FCC mussten Verarbeiter und Lieferanten sich immer wieder auf einen Weg einigen, wie man Lebensmittel und Ihre Zusätze prüft. Wie stellt man fest, wie rein sie sind? Wie wirksam sind sie? Ist die Qualität hoch oder niedrig?

Was zunächst einfach klärbar ist, entpuppt sich als ziemliche Herausforderung: Wenn das Labor eines Produzenten Qualität mit der einen Methode, der Käufer es aber mit der anderen Methode misst, kommt es oft zu starken Abweichungen – und großem Ärger, weil der Käufer sich betrogen fühlt. Und selbst wenn beide eine gleiche Methode einsetzen, sorgen schon kleine Änderungen oft für deutlich andere Ergebnisse.

Das Mammutprojekt des F.C.C. setzt dagegen verbindliche Tests fest, auf die sich Produzent und Käufer von Zutaten für Lebensmittel berufen können. Wenn man also wissen will, wie hoch die Qualität ist, schlägt man im F.C.C.-Buch nach der Methode nach, führt sie durch und hat einen guten Vergleich. In diesem Buch finden sich zum Glück auch zwei Laktasen mit festgeschriebenen Methoden zur Messung.

Es gibt also einen F.C.C. und zwei Laktase FCC?

Ja, im Grunde schon. Ich entschuldige mich für die Verwirrung! Einmal das Buch, indem die Tests stehen – den F.C.C.. Darin gibt es eine Methode für Laktase, die im eher sauren Magen bei der Einnahme einer laktosehaltigen Mahlzeit wirkt und es gibt eine Methode für Laktase, die für die Herstellung laktosefreier Milchprodukte und Spaltung der Laktose in Milch verwendet wird. Die Einheit, der Ersten, heißt eigentlich FCC-ALU (für Acid Lactase Units, „Einheiten saurer Laktase“). Da nun aber alle Hersteller von Laktasepräparaten die Laktase nehmen, die im Magen wirksam ist, hat man das ALU auf den Verpackungen einfach weggelassen – aus FCC-ALU wurden die FCC, die Sie auf allen Laktasepräparaten (die ehrlich sind) finden können. Der Name des Buches F.C.C. wurde in Deutschland synonym mit der Einheit Laktase FCC!

Aber was ist nun ein FCC (nicht das Buch, die Einheit!)?

Die Einheit gibt an, wie stark saure Laktase wirksam ist. Doch hier gibt es zwei Probleme. Der Test sollte einfach sein und vergleichbar, sodass Hersteller und Verarbeiter der Laktase leicht prüfen können, ob alles in Ordnung ist. Für uns Betroffene aber sind die FCC eigentlich nicht sonderlich ideal, denn uns interessiert nur eins: Wie viel Milchzucker spaltet diese Laktasetablette in meinem Magen? Und das misst man gar nicht, wenn man die Laktase nach dem FCC (hier: das Buch!) untersucht – das erste Problem.

Man misst bei dieser Methode, wie viel gelbfarbiges Nitrophenol pro Minute entsteht, wenn Laktase mit o-Nitrophenyl-β-D-galactopyranosid bei 37 Grad versetzt wird. Diese unaussprechliche Substanz ist ein sogenanntes Chromogen – ein Stoff, der etwas Farbiges freisetzt, wenn er gespalten wird. Und Laktase kann ihn spalten, die dabei entstehende gelbe Farbe misst man und rechnet sie auf eine Minute herunter. Ein FCC als Einheit gibt also eigentlich an, wie viel gelben Farbstoff Laktase pro Minute bei 37 Grad im Reagenzglas freigibt.
Das Ergebnis heißt dann 3500, 4500, 5000, 7500 oder sogar 14500 FCC. Und das ist für uns Laktoseintolerante eher nicht so aussagefähig. Lange Zeit fand sich deshalb auch in Deutschland auf Präparaten die Angabe, dass 1000 Einheiten 5g Laktose spalten würden – eher aus Laborergebnissen vermutet als an Menschen durch Studien wirklich untersucht.

Unser Magen ist jedoch kein Reagenzglas, in dem Laktase relativ gemütlich mit der Laktose zusammen schwimmt und sie spalten kann. Im Magen wird die Laktase von eiweißspaltenden Enzymen und der produzierten Säure angegriffen. Sehr viel ungemütlicher – und das hat seinen Preis. Korrekt eingenommene Laktase (mit den ersten Bissen der Mahlzeit) wird zwar zum Glück durch die Nahrung sehr vor diesen Einflüssen geschützt, dennoch verliert sie im Vergleich zum Reagenzglas rund 60 % ihrer Wirkung unter wirklichkeitsnahen Bedingungen.

Anhand dieser Daten entstand die neue Dosierempfehlung von 2500 bis 5000 Einheiten pro 5 g Laktose, also zumindest das Doppelte. Da man nun oft nicht genau wusste, wie viel Laktose in einer Speise ist, haben viele Hersteller (wie wir auch lange) sich dafür entschieden 5000 Einheiten pro 5 g Laktose zu empfehlen. Das ist ein Sicherheitsfaktor von fast 2 für all die kleinen oder großen Dinge, die der Laktase im Alltag im Weg stehen könnten.

5000 fcc helfen auf 100ml milch
Pro 100ml Milch oder 100g Milchprodukt wurden den meisten Betroffenen lange 5000 Laktase-FCC Einheiten empfohlen – heute wissen wir, dass das zu viel ist

Davon weichen wir seit Kurzem ab. Die Annahme aus dem Labor, dass man eine bestimmte Menge Laktase genau auf die Laktosemenge abstimmen muss, hat sich in neueren Studien nicht bestätigt. Wir empfehlen daher jetzt eine pauschale (und weniger teure) Dosierung von 5000 Einheiten pro Mahlzeit – warum, das erfahren Sie in diesem Artikel, den ich Ihnen sehr ans Herz lege.

Wir sind bei der Laktasekampagne heute bei 5000 FCC (ganz ohne ALU) als Empfehlung pro Mahlzeit angekommen – eine lange Reise von den ersten Messungen der gelben Farbe immer weiter bis zu alltagsnahen Werten bei Laktoseintoleranz. Auf dieser Reise hat uns das FCC begleitet und hilft uns heute dabei, unabhängig von Dosierempfehlungen und Gewichtsangaben alle Laktasepräparate transparent zu vergleichen und eine aufgeklärte Entscheidung zu treffen. Und dabei Laktase sinnvoll zu dosieren. Oder die Präparate leicht zu wechseln, wenn wir etwas Neues probieren.