Laktase – Tabletten, haben sie Nebenwirkungen?

Martin Lipsdorf stellt seit 2011 Laktasepräparate von Hand in Leipzig her und teilt seine Erfahrungen auf diesem Blog mit Menschen, die keine Milch vertragen.

Betroffene berichten gelegentlich Beschwerden, manche Facebookgruppen warnen sogar vor Laktase – Tabletten. Gerade, wenn sie noch ganz am Anfang sind und Ihre Diagnose nicht allzu lange her ist, sorgt das für einige Verunsicherungen. Hier erfahren Sie die Ursachen der Nebenwirkungen, die berichtet werden und wie Sie sie vermeiden.

In diesem Artikel lernen Sie:

  • warum jedes Etikett vor Nebenwirkungen warnt
  • was Laktase ist und was das für Nebenwirkungen bedeutet
  • ob eine Überdosierung bei Laktase schaden kann
  • warum manchmal Symptome, etwa Durchfälle oder Verstopfungen berichtet werden, und
  • warum Sie trotzdem sinnvoll mit Laktase umgehen sollten

Der Artikel basiert auf über 10 Jahren Austausch mit Betroffenen, die eine Laktoseintoleranz haben und greift Informationen der Europäischen Lebensmittel Zulassung (EFSA) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung auf. Er soll hauptsächlich eins: Ihnen die Angst nehmen und dabei helfen zu lernen, warum ein kluger Umgang mit Laktoseintoleranz einen klugen Umgang mit dem Enzym Laktase benötigt. Das heißt, auch wenn es keine Nebenwirkungen gibt: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.

Laktase – Tabletten und die Warnung vor Nebenwirkungen auf jedem Etikett

Der ominöse Warnhinweis

Auf jedem Laktase-Etikett, auch auf unseren, finden Sie einen zunächst erschreckender Hinweis: „Die tägliche Verzehrmenge darf nicht überschritten werden.“ Das verunsichert einige Betroffene.

Gerade direkt nach der Diagnose der Laktoseintoleranz, bewaffnet mit dem Rat des Arztes nie wieder Milch zu trinken oder Milchprodukte zu essen, finden Sie Laktase in den Regalen der Supermärkte. Sie fragen sich, ob es nicht eine einfache Lösung für das Problem geben könnte. Zumindest gelegentlich, daheim oder unterwegs. Vielleicht sogar, so die Hoffnung, regelmäßig, um doch naschen zu können, was vor der Diagnose noch ganz unverdächtig lecker war.

Wird dann in Facebook-Gruppen und in Foren gewarnt, macht sich ein mulmiges Gefühl breit, vielleicht doch etwas Falsches zu tun. Gerade der Ton online ist oft vorwurfsvoll. Gerade so, als wäre es eine persönliche Schwäche nicht in der Lage zu sein, die Ernährung „richtig“ zu machen.

Etwas fühlt man sich, um die christliche Tradition aufzugreifen, als würde man sündigen.

Sie sind dennoch mutig, kaufen Laktase – doch auf dem Etikett lesen Sie die ominöse Warnung vor dem Überschreiten der Höchstmenge.

Seinen Ursprung hat dieser Hinweis jedoch nicht in einer besonderen Kritik an Laktase – Tabletten oder den Nebenwirkungen von Laktase generell, sondern in der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV).

Unter § 4 wird hier festgelegt, welche Hinweise auf allen Nahrungsergänzungen in Deutschland zwingend vorgeschrieben sind. Darunter auch der Warnhinweis vor der Überschreitung der täglichen Verzehrmenge.

Was nun bei einigen Nahrungsergänzungen sicher sinnvoll ist, eine Überdosis Koffeinkapseln kann schlimm enden, ist bei Laktase kaum begründet. Bis heute ist keine Überdosierung des Enzyms Laktase oder eine zu häufige Einnahme am Tag bekannt geworden. 

Der Grund dafür liegt in der Wirkweise der Laktase und darin, was sie biochemisch ist. Um also zu verstehen, warum keine laktasespezifischen Nebenwirkungen bekannt sich, brauch es einen Blick hinter das bloße Wort Laktase auf dem Etikett. Was ist Laktase?

Warum die Einnahme von Laktase – Tabletten keine Nebenwirkungen auslöst

Laktase spaltet den Milchzucker. Das ist ihre Funktion, doch woraus besteht Laktase und wie kommt es zu dieser Funktion? Ganz grundsätzlich betrachtet ist Laktase nur ein Eiweiß, ein Protein und unterscheidet sich in seinen Bestandteilen nicht von Eiweiß in unserem Essen.

Vom sprichwörtlichen Ei-Weiß im Hühnerei, das Eiweiß enthält, bis zum Eiweiß in Milch oder Bohnen ist dieser Nährstoff für uns lebenswichtig. Unser Körper braucht ihn täglich, um sich immer wieder aufzubauen. Dazu verdaut er die Eiweiße in unserem Essen in ihre kleinsten Bausteine, die sogenannten Aminosäuren. Diese Aminosäuren nimmt er und baut aus diesen Bausteinen die körpereigenen Eiweiße ganz neu nach seinem Bauplan auf, etwa nach dem Bauplan für unsere Haare oder unsere Haut. 

Das unterscheidet sie von der Mehrzahl der Medikamente, etwa Kopfschmerztabletten, die wir aus unserem Alltag gewohnt sind. Laktase besteht aus denselben Bausteinen, aus denen auch unser Körper gebaut ist.

Die besondere Funktion des Enzyms Laktase

Laktase ist jedoch nicht nur ein Eiweiß, sondern auch ein Enzym.  Das schließt sich nicht aus. Enzyme sind eine besondere Sorte der Eiweiße, denn sie „können etwas“. Ihre Aminosäuren sind nach einem Bauplan zusammengebaut worden, der Ihnen eine Funktion gibt.

Im Fall von Laktase ist ihre Funktion das Spalten von Laktose, dem Milchzucker. Laktase hat, so kann man es sich vorstellen, ein „Schlüsselloch“ in das nur Milchzucker hineinpasst. Wo immer Laktase auf Milchzucker trifft, passt der Milchzucker in das „Schlüsselloch“ und löst die besondere Kraft der Laktase aus. Sie zertrennt ihn und herauskommen Traubenzucker und der unappetitlich klingende Schleimzucker (ungefährlich!). Beide Zucker sind die Bausteine, aus denen Milchzucker zusammengesetzt ist.

Unsere Nahrung kennt auch andere Enzyme. Gibt man Kiwi oder Ananas in Milch, dann flockt sie. Der Grund sind Enzyme, die die Eiweiße in der Milch spalten. Enzyme, also Eiweiße mit einer Funktion, sind recht weitverbreitet und selbst Laktase kommt in Joghurt in winzigen Mengen natürlich vor. Deshalb wird lang gereifter Joghurt von Betroffenen auch oft besser vertragen.

Deshalb gibt es keine Nebenwirkungen, die besonders für Laktase wären

Hier liegt der Grund, warum Laktase – Tabletten keine Nebenwirkungen auslösen. Vereinfacht gesagt: Laktase hat keine Nebenwirkungen auf Ihren Körper, weil sie gar keine Auswirkungen auf Ihren Körper hat.

Laktase hat nur diese eine, sehr nützliche Funktion: Milchzucker spalten. Sie wirkt nur auf den Milchzucker immer dort, wo sie ihn findet. Sonst kann sie im Grunde nichts. Anders als etwa eine Kopfschmerztablette, die Ihr Körper aufnimmt und die dann Ihren Körper so verändert, dass die Schmerzen erträglicher werden, wird Laktase weder vom Körper aufgenommen, noch wirkt sie überhaupt auf Ihren Körper. 

Scherzhaft gesagt: dass die Laktase nun ausgerechnet in Ihrem Bauch auf Laktose trifft und Ihre Funktion erfüllen kann, ist der Laktase eigentlich egal. Sie tut ihre Arbeit, aber sie würde es auch tun, wenn nicht zufällig Ihr Bauch ringsherum wäre. Ihr Körper ist für die Laktase eher nur der Behälter, in dem der Milchzucker herumschwimmt. Den spaltet sie, ohne sich um Ihren Körper überhaupt zu kümmern. 

Deswegen wird Laktase auch als Nahrungsergänzung angeboten und ist ganz explizit kein Medikament. Sie wirkt nicht auf Ihren Körper, nur auf das Essen in Ihrem Körper.

Ist die Arbeit getan, macht Ihr Körper mit der Laktase das, was er mit anderen Eiweißen oder anderen Enzymen in unserem Essen auch tut. Er verdaut sie in ihre kleinsten Bausteine, sodass sie sich um nichts von anderen Eiweißen im Essen unterscheidet. Dann nutzt er diese Bausteine, die ihm die Laktase geliefert hat, als Nährstoffe. 

Auf die Gefahr hin, die Metapher überzustrapazieren:

Auch Ihr Körper kümmert sich wenig darum, dass Laktase etwas Besonderes ist und Milchzucker spaltet. Für ihn ist es nur Nährstoff, der ganz und gar verdaut wird, um später zu Haut und Haaren zu werden.

Ganz deutlich wird das, wenn Sie Laktase falsch einnehmen und sie vor dem Essen auf leeren Magen nehmen. Wenn Sie danach eine laktosehaltige Mahlzeit essen, treten oft die bekannten Probleme trotz Laktase auf. Die Magensäure und die eiweißverdauenden Enzyme Ihres Körpers waren schon am Werk und haben die Laktase soweit beschädigt, verdaut, dass sie nicht mehr wirksam ist.

Am deutlichsten merken wir also den Grund, warum Laktase keine Nebenwirkungen hat, wenn die Wirkung ausbleibt und wir uns trotzdem quälen müssen. Hier hilft übrigens auch eine höhere Dosierung kaum, sosehr es nachvollziehbar ist, dass viele Betroffene sich damit behelfen wollen (wir raten stattdessen hierzu).

Eine Überdosierung von Laktase – Tabletten gibt es im sinnvollen Maß nicht

Gerade nach einer oft sehr unangenehmen Erfahrung mit Laktase, besonders wenn es die Erste war, neigen Betroffene dazu mehr Laktase zu nehmen. Auch wenn viel bei Laktase nicht viel bringt, schadet es auch nicht.

Wenn Betroffene sich sorgen, dass sie Laktase bei bestimmungsgemäßer Anwendung überdosieren, dann ist die Rede in der Regel von 20 000 – 100 000 FCC. Das entspricht rund 200 mg bis hoch zu 1g  Laktaseenzym und damit einer Menge Eiweiß, die unser Körper sorgenfrei verdauen kann. Zum Vergleich: 1g Eiweiß entspricht der Menge, die in 30ml Milch enthalten sind. 

Zu häufige Einnahme von Laktase – Tabletten

Gerade frisch Diagnostizierten fällt es manchmal zu Beginn schwer abzuschätzen, ob in einer Mahlzeit Milch in nennenswerter Menge enthalten ist. Leider führt das gelegentlich dazu, dass bereits bei Spuren Milchanteil Laktase genommen wird.

Es macht zwar nichts, wenn wir Laktase aus Angst nehmen, es könnte Milchzucker in der Speise enthalten sein und später feststellen: falscher Alarm, das Laktase – Enzym war umsonst. Gerade am Anfang ist das nachvollziehbar. Doch mit der Zeit versuche ich unsere Besteller immer wieder zu ermutigen sich nicht so sehr einzuschränken. Es braucht bei der Mehrzahl von uns Betroffenen nennenswerte Mengen Laktose, um Beschwerden zu verursachen. 

Treten selbst bei Spuren von Laktose noch Symptome auf, ist ein Gang zum Arzt angeraten. Es kann sein, dass andere Probleme hier mitmischen. Eine solide Diagnose und ein Ausschluss andere Schwierigkeiten sind gut investierte Zeit in den eigenen Bauch.

Eine Randnotiz: Unnötige Einnahme von Laktase

Ein Sonderfall der „Überdosierung“ muss noch erwähnt sein: Laktase hilft nur Personen mit Laktoseintoleranz. Leider hat sich durch Werbung bedingt zum Teil der Glaube auch bei Menschen ohne Laktoseintoleranz eingeschlichen, dass laktosefreie Produkte bekömmlicher wären und Laktase den Körper in irgendeiner Weise entlastet.

Laktase – Tabletten nehmen ohne Laktoseintoleranz ist nicht sinnvoll. Wenn keine Laktoseintoleranz besteht, hat der Körper das nötige Werkzeug zur Hand. Eine Diagnose beim Arzt, zumindest ein Ausschluss mit einem Ernährungstagebuch, sollte einer Laktaseeinnahme vorangehen, um sicherzustellen, dass nicht eine andere Ursache hinter den Beschwerden steckt.

Überdosierungen und eine Annahme ohne Anlass sind dennoch zu vermeiden, denn jede Tablette kostet am Ende Geld, Ressourcen und schränkt das Lebensgefühl ein. Es ist aus meiner Sicht absolut sinnvoll Laktase – Tabletten sparsam einzusetzen. Das gilt auch für unsere Millis

Für die absolute Mehrzahl der Betroffenen gibt es selten Grund bei korrekter Einnahme mehr als 5000 FCC, allenfalls 10 000 FCC bei hoher Laktoseintoleranz zu nehmen.

Woher die Nebenwirkungen kommen, die von Betroffenen berichtet werden

Weil Laktase also nicht auf Ihren Körper wirkt und wie andere Eiweiße auch von Ihrem Körper ganz verdaut wird, gibt es keine Nebenwirkungen, die für Laktase besonders wären.

Erst extreme Mengen Laktase, etwa eine ganze Packung Laktasepulver auf einmal, würden Probleme bereiten. Nicht, weil sie zu viel Laktase genommen haben, sondern weil sie zu viel Eiweiß in trockener Pulverform genommen haben.

Wir sprechen hier aber nicht von Mengen, die bei bestimmungsgemäßer Anwendung und sinnvoller Laktasenutzung realistisch sind, sondern von Mengen, wie Bodybuilder etwa Eiweißpulver nehmen: üppig und weit über dem Maß, das man selbst bei stark überdosierten Laktase Tabletten und häufiger Einnahme erreichen könnte.

Gibt es eine Allergie gegen Laktase?

Eine seltener aufgebrachte Frage ist die Sorge, dass es eine allergische Reaktion gegen Laktase gibt. Hier muss ebenfalls bedacht werden, dass Laktase ein Eiweiß ist. Jedes Eiweiß kann grundsätzlich vom Immunsystem falsch erkannt werden und zum Ursprung einer allergischen Reaktion werden. 

In der Literatur konnte ich zwei Hinweise finden, bei denen Laktase eine allergische Reaktion ausgelöst hat. Das ist vergleichsweise selten. Zum Vergleich: In den Vereinigten Staaten wird der Anteil der Bevölkerung mit Erdnuss-Allergie zwischen 1,2 – 2,5 % angegeben und die Fallzahl übersteigt die bisherigen Fälle einer Laktaseallergie um das Vielfache.

Während grundsätzlich also das Risiko besteht, dass eine Allergie gegen Laktase vorliegen könnte, ist es ein wenig auftretendes Problem. In den letzten 10 Jahren ist es mir offen gestanden bei keinem unserer Besteller begegnet, obwohl wir den direkten Kontakt halten. Das macht uns aus. Dennoch: Wenn die Einnahme von Laktase bei Ihnen Schwellungen, Rötungen oder Schlimmeres verursacht, ist ein Arztbesuch Pflicht.

Betrachten wir, wie Laktase wirkt und woraus sie besteht, zeigt sich, dass sie in den üblichen Mengen keine für sie besonderen Nebenwirkungen hat. Das klingt theoretisch plausibel, doch berichten Betroffene gegen alle Theorie und reine Lehre von Nebenwirkungen. Es sind im Wesentlichen vier Beschwerdebilder, die berichtet werden.

1) Laktase – Tabletten und Blähungen

Manche Beschwerden werden auf Laktase – Tabletten zurückgeführt, gleichen den Sorgen, die Betroffene von Milchzucker bekommen. Sie beschreiben nach der Einnahme zur laktosehaltigen Mahlzeit Durchfälle, starke Blähungen ein bis zwei Stunden später nach der Mahlzeit. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass die Laktase – Tablette nicht richtig wirkt. Vielleicht wurde sie nicht richtig genommen, hier geht einiges schief, oder aber die Formulierung ist wenig geeignet, um den Wirkstoff. 

Treten Beschwerden bei der Einnahme auf, die denen der Laktoseintoleranz gleichen, liegt eher nahe, dass es die Laktose war, die die Sorgen verursacht hat. Hier ist der erste Schritt zur Besserung zu prüfen, ob die Laktase richtig wirken kann und richtig genommen wurde. Der Unterschied kann aus unserer Erfahrung immens sein. Zwischen einem sehr schlimmen Tag auf der Toilette und einem sorgenfreien Abendessen liegt oft nur ein kleiner Kniff in der Anwendung, der geübt sein will.

2) Laktase Tabletten und schnelle Durchfälle

Manche Betroffene erleben im Alltag als Reaktion auf Laktose schon in Spuren etwas, das sie massiv einschränkt. Direkt und sehr kurz nach dem Essen treten Durchfälle auf. Die Reaktion ist so energisch, dass sie sich fast einer Lebensmittelvergiftung ähnlich anfühlen.

Hier gilt es zunächst zu unterscheiden. Treten diese Probleme nur als Reaktion auf Milchzucker oder Milchprodukte generell auf und ist die Darmfunktion sonst normal, liegt ein Fall vor, den ich über die Jahre oft beobachten musste.

Laktose löst die ersten Symptome in großer Menge erst dann aus, wenn sie von Darmorganismen im Dickdarm verdaut wird. Treten die Symptome jedoch so rasch auf, konnte die Laktose den Dickdarm noch nicht erreichen.

Meine Vermutung für diese sehr unangenehme Situation ist eine konditionierte Reaktion Ihres Körpers auf Milchprodukte. War die Laktoseintoleranz lange undiagnostiziert, gab es oft genug Sorgen nach der Einnahme von Milchzucker. Doch Ihr Körper ist klug. Die Durchfälle könnten sein Weg sein, sich der Laktose zu entledigen, bevor sie Probleme verursacht und das selbst dann, wenn die Probleme eigentlich nicht mehr auftreten würden.

Mit diesen Sorgen ist eine Ernährungsberatung der beste Weg. Die Krankenkassen übernehmen im Zweifel eine Beratung durch studierte Ernährungsberater. Aus meiner Erfahrung wird dann ein sehr schonender Plan erarbeitet, wie Laktose in kleinen Mengen wieder in die Ernährung integriert werden kann, um Ihrem Körper zu zeigen: Es passiert nichts. Das können Sie zur Not auch auf eigene Faust, indem Sie winzige, fast homöopathische Laktosemengen in der eigenen Ernährung zulassen und sich sachte, sehr kleinschrittig über längere Zeit steigern. Der Effekt lohnt oft den Aufwand, doch eine Beratung erleichtert hier den Weg immens.

3) Laktase – Tabletten und Verstopfung

Eine vergleichsweise häufig auftretende Nebenwirkung von Laktase – Tabletten tritt zumeist dann auf, wenn die Diagnose gerade gestellt und oft das erste Mal zu Laktase gegriffen wurde: Verstopfungen. Auch laktosefreie Milchprodukte führen nach der Umstellung gelegentlich dazu, dass das Pendel von einem häufigen Durchfall in die andere Richtung ausschlägt. Der Unterbauch wird hart, der Stuhl unregelmäßig und eher fest. 

In der Regel legt sich das mit der Zeit aus meiner Erfahrung mit Betroffenen. Es lohnt zu schauen, ob genug Ballaststoffe gegessen werden und genug getrunken wird. Gerade bei einer lange undiagnostizierten Laktoseintoleranz wirkte der Milchzucker im Darm vermutlich immer wieder abführend. Dafür wird er sogar in Apotheken und Drogerien verkauft. Mit der Umstellung fällt dieser abführende Faktor fort und es braucht oft ein wenig Zeit, bis der Darm sich daran gewöhnt hat. Solange die Verstopfungen nur unangenehm sind, reicht es hier für die Übergangszeit mit der Ernährung klug zu unterstützen.

4) Laktase und Bauchkrämpfe

Ein Sonderfall sind Krämpfe oder auch Aufstoßen recht zeitnah nach dem Essen. Meist berichten Betroffene auch hier, dass die Beschwerden fast sofort auftreten, statt erst ein oder zwei Stunden nach dem Essen. Das gibt uns einen Hinweis, denn wir wissen: Laktose muss, damit sie Beschwerde verursachen kann, durch die Bakterien im Dickdarm verdaut werden.

Der Dickdarm ist aber an dritter Stelle in unserem Verdauungsweg und es braucht eine Weile, bis der Milchzucker dort angekommen ist. Treten dagegen schon direkt beim oder nach dem Verzehr von Milchprodukten Probleme auf, ist die Laktose so rasch noch nicht im Dickdarm angekommen. Die Ursache liegt dann vermutlich eine Station früher, im Dünndarm.

Dort sollte es eigentlich kaum Bakterien geben. Doch Krämpfe, Aufstoßen oder ein aufgeblähter Oberbauch sind ein sehr deutlicher Hinweis, dass Milchzucker im Dünndarm zu Gasen umgewandelt wird. Von Bakterien möglicherweise, die dort nichts zu suchen haben. Die Bakterien sind generell eher nicht gefährlich, sondern nur am falschen Ort. 

Treten diese Beschwerden nach der Einnahme von Laktase auf, dann wirkt die Laktase im Zweifel sogar, doch die Zucker, die dabei entstehen, werden von Bakterien gegessen, die sich etwas zu weit vorgewagt haben. Hier sollte ein Arzt konsultiert werden, mit dem Hinweis, dass die Beschwerden rasant nach dem Essen und im Oberbauch stattfinden. Ein Glucoseatemtest hilft dann zu sehen, ob Sie vielleicht Bakterien im Dünndarm haben, die wieder etwas zurückgedrängt werden müssen. 

5) Laktase – Tabletten und unspezifische Darmprobleme

Etwas, das leider bisher noch wenig untersucht ist, ist der Zusammenhang zwischen Reizdarm und Laktoseintoleranz. Wir wissen, dass Betroffene einer Reizdarmproblematik eine gleichzeitig auftretende Laktoseintoleranz stärker erleben und schwerere Symptome auch bei Spuren von Laktose beschreiben. Die Einnahme von Laktase – Tabletten löst dann keine Nebenwirkungen aus, erneut bleibt aber die erwartete Linderung aus und die Sorgen bleiben.

Vielleicht ist es auch die Summe der vielen kleinen Einflüsse über den Tag hinweg, die das Gleichgewicht durcheinander bringen und Laktase hier zum Zünglein an der Waage machen.

Vielleicht ist es auch die berechtigte Angst, dass die Laktose die ohnehin sorgenreiche Verdauung noch mehr durcheinander bringt, die hier als Nocebo-Effekt wirkt. Dieser dunkle Bruder des Placeboeffekts, sorgt für Symptome, obwohl rein chemisch/medizinisch keine Symptome zu erwarten wären – weil Sorge und Angst letztlich eine immense Rolle für das eigene Bauchgefühl haben können. Ganz klar gesagt: Dieser Effekt ist nicht mit „Einbildung“ gleichzusetzen und ein „hab dich nicht so“ ist keine adäquate Antwort. Die Sorgen und Symptome sind handfest und beeinflussen das Leben der Betroffenen oft sehr nachhaltig.

Wenn Sie davon betroffen sind, führt aus meiner Sicht kein Weg vorbei an einem Arztbesuch. Sprechen Sie offen, ohne Scham, über die Symptome. Beschreiben Sie auch, dass die Symptome nicht durch Milchverzicht oder Laktase fortgehen, wenn sie das erfahren mussten. Leider ist die Grenze zwischen Laktoseintoleranz und Reizdarm diagnostisch wohl schwer zu ziehen und ein offenes Gespräch mit einer Ernährungsberatung im Anschluss wäre ein guter erster Schritt zur Besserung.

Fazit: Laktase hat keine besonderen Nebenwirkungen – nehmen Sie sie dennoch mit Verstand

Mit Ausnahme der eher geringen Wahrscheinlichkeit einer Allergie, die für jedes Eiweiß auftreten kann, sind die Nebenwirkungen von Laktase – Tabletten meist eher auf die Symptome einer Laktoseintoleranz, einer begleitenden Problematik in der Verdauung oder auch auf die Umstellung zurückzuführen. Das heißt, mit einigen Tipps zum Umgang sollten sich die meisten Sorgen lösen lassen.

Laktase – Tabletten haben keine Nebenwirkungen. Sie können Laktase also höher dosieren, wenn Sie sich damit zu Beginn sicherer fühlen. Sie können sie mehrfach am Tag nehmen und auch dann, wenn am Ende kein Milchzucker in der Mahlzeit war.

Eine maßvolle Dosierung und wo immer möglich der Verzicht auf laktosefreie Milchprodukte oder Laktase ist dennoch etwas, wozu ich Sie sehr ermutigen will.

Beides sind Hilfsmittel, die Ihrem Körper unter die Arme greifen sollen. Fast immer reicht hier eine kleine Unterstützung aus und eine komplette Umstellung auf laktosefreie Ernährung oder die ständige Einnahme von Laktase ist nicht nötig. In kleinen Mengen Laktose zu konsumieren, kann im Gegenteil dabei helfen, die eigene Toleranz zu erhalten und nicht in den Teufelskreis immer höherer Sensitivität zu geraten. Bei der Behandlung von Laktoseintoleranz ist ein guter Mittelweg – die Hilfe zur Selbsthilfe Ihres Darms – die richtige Wahl und wird auch in den Ernährungsberatungen als Ziel gesetzt.

Es ist sicher eine Frage der persönlichen Haltung. Wenn die etwas höhere, etwas häufigere Einnahme von Laktase Ihnen gerade am Anfang hilft Vertrauen zu gewinnen und sich sicherer zu fühlen: nur zu. Ihr Bauchgefühl und Ihre Seele, das lehren mich (zu)viele Semester Psychologie im Nebenfach und viele wunderbare Jahre Laktasekampagne, arbeiten zusammen. Wenn Ihre Seele sich wohler fühlt, gibt es nichts, was gegen dieses Wohlgefühl zu Beginn spricht.

Mit der Zeit und dem Grundvertrauen, dass die Symptome fort sind, möchte ich Ihnen jedoch raten hier nicht stehenzubleiben. Ergattern Sie sich kleine Freiräume zurück, probieren Sie kleinste Mengen normaler Milchprodukte aus der Region, daheim frisch gemachten Joghurt oder eine Stück (oder zwei) Milchschokolade. In kleinen Schritten können Sie sich von den Hilfsmitteln lösen, die Sie zu Beginn benötigten und lernen, dass Ihr Bauch und Ihre Seele gemeinsam ein starkes Team sein können.