Laktosefreie Produkte und Laktase – Vor- und Nachteile
Martin Lipsdorf stellt seit 2011 Laktasepräparate von Hand in Leipzig her und teilt seine Erfahrungen auf diesem Blog mit Menschen, die keine Milch vertragen.
Bei manchen ist es das Glas Milch, oft ist es Eis im Sommer oder eine Sahnespeise wie Torte, doch bei Mancher oder Manchem reicht schon viel weniger, um Sorgen zu machen.
Die Tatsache, dass die Mehrzahl mehr verträgt, heißt nicht, dass die Minderheit „sich nicht so anstellen soll“.
Wir alle mit Laktoseintoleranz kommen irgendwann an unsere individuelle Bauchgrenze.
Erst hier wird es Zeit über Ersatzprodukte oder das Einnehmen von Laktase nachzudenken.
Beide Wege haben zusammen Ihren Platz im Leben aller Laktoseintoleranten.
Oft genug ist es jedoch viel zu viel Raum, der von den beiden eingenommen wird.
Sie dagegen wissen es jetzt besser.
Erst kommen die drei Schritte.
Dann erst kommen Ersatzprodukte oder Laktase, wenn Ihr Bauch sagt: Stopp, ich brauche Hilfe.
Damit bekommt Ihr Bauch Hilfe
Um Ihre Laktoseintoleranz auszugleichen, können wir zwei Wege gehen.
Wir reduzieren die Menge an Milchzucker in der Mahlzeit durch laktosefrei gemachte Milchprodukte oder wir fügen Laktase hinzu und gleichen damit den Mangel aus.
Laktosefreie Milchprodukte
Laktosefreie Milchprodukte werden von größeren Molkereien produziert und ermöglichen eine laktosereduzierte oder sogar laktosefreie Ernährung.
Sie nehmen dazu Milch, geben ein besonderes Laktaseenzym hinzu und lassen sie in der Milch bei höheren Temperaturen wirken.
Dabei wird der Milchzucker in seine Bestandteile zerteilt und gewissermaßen vorverdaut.
Wir schmecken das bei laktosefreier Milch, denn ein Bestandteil des Milchzuckers ist der Traubenzucker, der sehr süß ist. Laktosefreie Milch ist daher anders als normale Milch recht süßlich.
Andere Verfahren, etwa das Abtrennen von Laktose wie durch ein Sieb, werden eher selten genutzt.
Aus dieser Milch kann in der Folge Quark, Sahne und Joghurt gemacht werden – sie alle sind laktosefrei und führen nicht zu Beschwerden.
Die Nachteile sind einerseits die Mehrkosten (das hat sich aber deutlich gebessert), andererseits Geschmack und Qualität.
Laktosefreie Milch ist in der Regel hoch erhitzt und nicht vom Bauern erhältlich, der den nötigen Maschinenpark nicht hat.
Nur Großbetriebe bieten sie an.
Der Vorteil für uns Betroffene ist, dass damit leicht große Portionen Milch ersetzt werden können.
Wenn Sie nicht auf Milchalternativen wie Hafermilch oder Mandelmilch umschwenken wollen, ist ein Paket laktosefreie Milch ein leichter Weg für ein laktosefreies Müsli oder einen Milchkaffee ohne Laktose.
Laktosefreie Milch hier eine gute Hilfe, weil wir oft pure Milch in größerer Menge nehmen – etwa um Cornflakes gut zu ertränken.
Schon bei Joghurt, Sahne oder Quark sind der Nutzen aus meiner Sicht gemischt.
Da wir davon in der Regel eher nicht so viel essen, dass unsere Bauchgefühlgrenze erreicht wird, sind Ersatzprodukte oder Laktase hier eher weniger sinnvoll.
Reine Geldschneiderei sind dagegen Produkte, die mit Mehrkosten aus laktosefrei verkauft werden, obwohl sie entweder von Natur aus laktosefrei sind oder aber in so kleinen Portionen genutzt werden, dass die Laktosemenge gering ist.
Butter wird etwa eher in moderater Menge genutzt und selbst beim Backen essen wir selten 100 g davon.
Da der Laktosegehalt von Butter recht niedrig ist, ist laktosefreie Butter nicht hilfreicher.
Treten bei solchen Produkten Symptome auf, ist nicht der Griff ins Lebensmittelregal, sondern der Gang zum Arzt wichtig.
Sie verzweifeln sonst auf der Suche nach “versteckter Laktose”, obwohl Ihnen geholfen werden könnte.
Das A und O, mit Laktase gegen Laktose
Laktase kommt schon in unserem Körper an zwei Orten vor.
Einmal bildet sie unser Körper selbst im Dünndarm.
Doch auch die Helfer in unserem Dickdarm bilden Laktase, um den Milchzucker zu verdauen.
Doch die Welt ist voller Laktase. Sie findet sich in so abwegigen wie heißen Quellen, in arktischen Regionen.
Auch in für uns alltäglichen Produkten, wie Joghurt oder, etwas exotischer, Kefir kommt Laktase vor.
Für die japanische Kultur ist Milch dagegen etwas Exotisches, Misosuppe, Sojasoße und der Reisbrei Amazake werden dort alltäglich mit einem Edelschimmelpilz hergestellt, der auch Laktase bildet.
So kam es auch, dass das erste Mittel gegen Verdauungsprobleme mit diesem Edelschimmel von einem japanischen Samurai erfunden wurde.
Das Mittel hieß Takadiastase und enthielt den Extrakt des Edelschimmels, der bis heute für Sojasoße verwendet wird.
Recht sicher war im Präparat des Samurai auch Laktase in kleinen Mengen enthalten.
Diese Extrakte finden Sie, in moderner, hochreiner Form, in den Drogerien, Apotheken, online oder auch bei unserer Laktasekampagne.
Das Grundprinzip ist einfach.
Wenn Sie eine Mahlzeit genießen wollen, die viel Milchprodukte enthält und ahnen, dass das Ihren Bauch eher strapaziert, nehmen Sie etwas Laktase in konzentrierter Form hinzu.
Sie gleicht die Laktase aus, die Ihr Körper nicht mehr ausreichend produziert.
Dabei wird nie der gesamte Milchzucker durch die eingenommene Laktase verdaut.
Sie reduziert die Menge an Milchzucker, die in Ihren Dickdarm gelangt und entlastet Ihre Darmhelfer damit.
Bei vielen Betroffenen herrscht zunächst Unsicherheit darüber, wie viel Laktase nötig ist, damit Ihre Helfer nicht zu viel zu tun bekommen.
Verschlimmert wird das durch die Vielzahl an Dosierungen.
Mal 5000, 10000, 20000 Wirkstoffeinheiten, abgekürzt als FCC, finden sich in den Regalen und suggerieren, dass es Laktase für schwache, starke und sehr starke Laktoseintoleranz gibt.
Verschärft wird dieser Marketingkniff dadurch, dass viele Betroffene glauben, dass Laktase Tabletten den Milchzucker in der Mahlzeit ganz spalten müssen und deshalb genug für große Mahlzeiten zu nehmen wäre.
Sie wissen es aber schon besser als die Mehrheit der Betroffenen.
Laktase wird bei der Wirkung nicht verbraucht. Sie arbeitet so lange, wie der Körper sie nicht verdaut.
Deshalb ist die richtige Einnahme viel wichtiger als die Wirkstoffmenge.
Indem Sie der Laktase mehr Zeit geben und sie vor dem Magensaft schützen, kann sie länger arbeiten.
Wie?
Wie so oft sind es die einfachen Dinge.
Nehmen Sie Laktase entgegen der Einnahmeempfehlung niemals vorher.
Der Grund ist, dass Ihr leerer Magen zu Beginn sehr stark mit Magensäure gefüllt ist.
Jede Laktase, die in diese Säure hinein eingenommen wird, verliert an Wirkung.
Die meisten Hersteller empfehlen das, weil sie die Laktase zu harten Tabletten verpressen, die in den Klickspendern nicht kaputtgehen.
Gern wird dabei an sogenannten Sprengmitteln gespart.
Diese Mittel sorgen dafür, dass eine Tablette sich schneller löst und den Wirkstoff freigibt – sie sprengen die Tablette.
Ohne diese Mittel muss die Tablette langsamer lösen.
Die Laktase wird langsamer frei.
Was immer an Laktase schon frei wird, wenn Ihr Magen noch leer ist, dürfte seine Wirkung im Säurebad verlieren.
Verschenkte Laktase.
Umgekehrt fehlt die Laktase, die noch in den Tabletten steckt, sobald schon Essen im Bauch und damit Milchzucker zu spalten ist.
Sie merken: so richtig klappt das Timing bei Laktase Tabletten nicht.
Manche Hersteller lösen das durch Sprengmittel und sichern eine schnelle Löslichkeit.
Unsere Laktase-Millis lösen sich dagegen schon im Mund und setzen Laktase sofort frei.
Sie können sich aber auch Abhilfe schaffen, indem Sie die Tablette einfach zerkauen.
Oft genug ist der Geschmack unschön, deshalb am besten mit einem Bissen der Mahlzeit.
So ist die Laktase gleich mit dem Speisebrei verteilt. Statt auf leeren Magen zu nehmen, können Sie so erst mal eine gute Grundlage im Bauch schaffen.
Essen Sie ein paar Happen oder trinken Sie zwei, drei Schluck, damit Ihre Magensäure abgelenkt wird.
Nehmen Sie dann Ihr Laktasemittel, haben Sie die Laktase sofort wirksam unter guten Magenbedingungen.
Die Faustregel zur Einnahme von Laktase lautet: Niemals auf leeren Magen, nie im Ganzen geschluckt, immer nach ein paar Happen und immer im Mund gut zerkaut.
Die richtige Einnahme hat noch einen anderen Vorteil.
Die absolute Mehrheit der Betroffenen braucht viel weniger Laktasewirkstoff, als es in den Drogerien suggeriert wird.
Bei 6000, 15 000 und 20000 FCC Einheiten greift die Mehrheit vermutlich im Regal in die Mitte.
Dabei haben wir eine klare Empfehlung der europäischen Sachverständigen EFSA zu Laktase. Sie halten fest, dass 4500 Einheiten für jede normale Milchmahlzeit ausreichend sind.
Also nimmt die Mehrzahl der Betroffenen das drei oder vierfache des Wirkstoffs, ohne davon mehr zu haben.
Vielleicht soll damit das schlechte Timing mancher Laktase Tabletten ausgeglichen werden.
Doch auch hier sind Sie jetzt versiert. Sie können weniger Laktase nehmen und bekommen die gleiche Wirkung.
Moderat, das heißt in etwa 5000 FCC.
Gibt es Ausnahmen von dieser Regel?
In 10 Jahren sind mir im Alltag und der Erfahrung von Betroffenen nur zwei aufgefallen.
Essen Sie im Sommer einen großen Eisbecher oder einen Milchshake, dann oft schnell und sie merken die angenehme Kühle im Bauch.
Da Laktase mit kühleren Temperaturen etwas verlangsamt wird, sollten Sie hier eher die zwei bis dreifache Menge der Laktase nehmen.
Wir vermuten, die Temperatur ist schuld. Seitdem wir diesen Rat geben, haben wir im Sommer keine Eissorgenmails mehr bekommen.
Natürlich können Sie auch das Eis langsamer naschen, doch meist versucht es dann schon zu türmen.
Diese Ausnahme ist besonders für die Kleinen wichtig zu beachten.
Die zweite Ausnahme sind Essen mit mehreren Gängen.
Ich vermute, dass Sie eher nicht jeden Tag ein Drei-Gänge-Menü genießen.
Nehmen Sie, so pauschal es klingt, bei einem ausgedehnten Essen besser zu jedem Gang Laktase in der empfohlenen niedrigen Dosierung.
Damit sind nur die Mahlzeiten gemeint, die mehr Milchprodukte enthalten, als sie sich gerade zutrauen und gewohnt sind, ohne Hilfe zu genießen.
Da der Fall doch eher selten ist, dürfen wir uns das Leben zu Weihnachten, Geburtstagen oder Feierlichkeiten auch mal einfach machen.
Für die übrigen 363 Tage im Jahr, an denen wir weder Geburtstag haben, noch Weihnachten feiern, reichen rund 5000 FCC pauschal pro Mahlzeit.
Kommt Ihnen das immer noch zu wenig vor?
Manchmal bekommen wir bei der Laktasekampagne Nachrichten von Betroffenen, die über die niedrige Empfehlung der EFSA verwundert sind.
Es kommt bis heute auch vor, dass auch unsere Millis bei dem Einen oder der Anderen höher dosiert werden muss.
Wie kann das sein?
Die EFSA Empfehlung betrifft die Mehrheit, also den größten Teil der Betroffenen statistisch verteilt.
Doch es gibt auch einen kleinen Teil, der deutlich weniger oder auch gar keine Laktase braucht.
Ebenso gibt es einen kleinen Teil, der etwas mehr oder deutlich mehr braucht.
Wichtig ist nur daran zu denken, dass es sehr viel wahrscheinlicher ist, dass Sie zur großen Mehrheit gehören und nicht zu den Ausnahmen.
Sie sind in jeder Hinsicht ein besonderer Mensch, wie es keinen Zweiten gibt.
Wenn es um Laktoseintoleranz geht, heißt “zur Mehrheit” zu gehören, aber die Aussicht auf Besserung und mehr Freiheit ohne viele Hilfsmittel zu naschen und ist, ausnahmsweise vielleicht, eher erstrebenswert.
Deshalb lohnt es, den Rat der EFSA zu beherzigen und die individuelle Toleranz auszutesten und Laktase eher nur gelegentlich, dann auch moderat zu nehmen.
Ich will Ihnen den Verzicht auf laktosefreie Ernährung und Laktase wo immer möglich aus einem anderen Grund ans Herz legen.
Es schenkt Ihnen Lebensgefühl. Indem Sie nur unterstützen, wo es wirklich nötig wird, sparen Sie sich zu schönen Anlässen das Schlucken einer Tablette.
Auch wenn unsere Millis angenehmer in der Einnahme sind, auch für unsere Mittel gilt, weniger ist mehr und unser Ziel ist es, dass unsere Besteller mit der Zeit kaum noch an Ihre Laktoseintoleranz denken müssen.
Das schaffen wir, denke ich, seit 10 Jahren ganz gut und freuen uns, wenn Sie – bewaffnet mit dem Wissen dieses Artikels – einen Blick auf unsere kleinen Helfer und unsere Arbeit werfen.